Europäische Linke: Aufstehen gegen rechts

Europäische Linke: Aufstehen gegen rechts

Europäische Linke beschloss ihr Programm zur EU-Wahl und stellte Walter Baier als Spitzenkandidat auf

Walter Baier bei seiner Rede in Ljubljana © European Left

Our Moment, unsere Moment – unter diesem Motto berieten die Abgesandten europäischer Linksparteien am Wochenende in Ljubljana über ihre Strategie zur EU-Wahl. Im Mittelpunkt dabei: der Kampf für Frieden und für eine sozial-ökologische Transformation sowie das Aufstehen gegen den Rechtstrend in Europa.

Jeremy Corbyn, der bekannte britische Linkspolitiker, brachte es in seiner Grußbotschaft auf den Punkt: „Einigkeit ist der Schlüssel“, gab er den knapp 100 Vertreter*innen der Partei der Europäischen Linken (EL), die sich am Wochenende in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana versammelt hatten, für ihren Wahlkampf auf den Weg. Zuvor hatte er fünf Punkte benannt, die von den inzwischen über 40 EL-Parteien in den Mittelpunkt gestellt werden sollten, um im Juni möglichst zahlreich ins Europaparlament einzuziehen. Gerechte Löhne und Klimaschutz gehörten dazu, bezahlbarer Wohnraum und eine Steuerpolitik, die Reiche und große Konzerne zur Kasse bittet, um Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit zu finanzieren. Selbstverständlich auch die Frage von Krieg und Frieden und ein sofortiger Waffenstillstand in der Ukraine und im Gazastreifen.

Tatsächlich finden sich all diese Punkte auch im Wahlmanifest, das die EL in Ljubljana verabschiedete. In zehn Kapiteln – von Frieden über Armutsbekämpfung, von Feminismus bis Kooperation mit dem Globalen Süden – werden konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. Ein Schwerpunkt dabei: Die Verknüpfung von Klimaschutz und Sozialem. Auf diesen Zusammenhang machte Carola Rackete, die zum Spitzenteam der deutschen Linkspartei für die Europawahl gehört, aufmerksam. In ihrem Beitrag bei der „Kick-off“-Veranstaltung am Samstagabend wies sie darauf hin, dass die Klimakrise auch die größte soziale Krise sei. Auch Martin Günther, der die deutsche Linkspartei in Ljubljana vertrat, sieht im Manifest wichtige Aspekte für den gesamteuropäischen Wahlkampf: „Es ist eine starke, gemeinsame Ansage für eine friedliche EU, für den Kampf für Beschäftigenrechte, bessere Löhne und gegen steigende Lebenshaltungskosten. Die Europäische Linke positioniert sich als konsequente solidarische Alternative zu den EP-Wahlen“, sagt Günther gegenüber „nd“.

Zentrales „Gesicht“ im Wahlkampf der Europäischen Linken soll Walter Baier werden (Personalie siehe unten). Der Österreicher war zum Spitzenkandidaten gewählt worden. Das Spitzenkandidatenprinzip soll dafür sorgen, dass die europäischen politischen Parteienfamilien auch an Spitzenpersonen erkennbar sind – die im Falle eines Wahlsiegs den Vorsitz der EU-Kommission übernehmen sollen. Baier stellte beim „Kick-off“ ebenfalls die soziale Frage in den Mittelpunkt des Wahlkampfs der Linken in Europa: „Auf diese Weise müssen wir uns Europa von den Rechten zurück erobern. Es ist unser Moment.“

Personalie: Walter Baier

In der Linken Europas gilt er als Instanz: Walter Baier. Der gebürtige Wiener hat so ziemlich alle Funktionen bekleidet, die man in linken Zusammenhängern und Strukturen übernehmen kann. Am Wochenende wählte die Generalversammlung der Partei der Europäischen Linken (EL), der „Dachverband“ linker und links-grüner Parteien Europas, den 70-Jährigen zum Spitzenkandidaten der Parteienfamilie für die Europawahl im Juni.

Baier stammt aus einer kommunistischen Familie, der Vater saß unter den Faschisten im KZ. Bereits mit 18 schloss er sich der KPÖ an – deren Vorsitz er von 1994 bis 2006 inne hatte. In diese Zeit fiel die große Nachwendekrise der österreichischen Kommunisten, einschließlich eines dramatischen Mitgliederschwunds, aber auch die konsequente Abkehr von alten Dogmen und die Modernisierung der Partei. Unter ihrem traditionellen Namen, wohlbemerkt. Daneben war Baier Herausgeber der „Volksstimme“, des früheren Parteiblattes, das in den letzten Jahren diverse Wandlungen durchmachte. Engagiert ist der promovierte Wirtschaftswissenschaftler seit Jahrzehnten zudem im Dialog von Marxisten und Christen; im Januar hatte er gemeinsam mit Mitstreiter*innen eine Audienz beim Papst.

Baier gehörte 2004 zu den Mitgründern der Partei der Europäischen Linken und war viele Jahre Koordinator des europäischen linken Thinktank „transform! Europe“. Auf dem EL-Kongress im Dezember 2022 in Wien wurde er zu deren Präsidenten gewählt. Wahrscheinlich war dies die größte Herausforderung in seinem politischen Leben: Die inzwischen über 40 linken und links-grünen Parteien mit teilweise sehr verschiedenen Positionen sind mitunter nur schwer zusammenzuhalten.

Dass Baier nun zum Spitzenkandidat der EL für die Europawahlen bestimmt wurde, mag nicht sein Traum gewesen sein. Zumal eine Doppelspitze zeitgemäß wäre, gerade auch für die Linke. Aber dazu hat die Einigkeit unter dem EL-Dach offensichtlich nicht gereicht.

Ein Artikel von Uwe Sattler

Uwe Sattler

Uwe Sattler ist Herausgeber von „die-zukunft.eu“ und inhaltlich für die Plattform verantwortlich. Nach zwölf Jahren in der Redaktionsleitung der Tageszeitung „nd.DerTag"/"nd.DieWoche" ist der Journalist Mitglied des Vorstands der nd.Genossenschaft eG.

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