„Eine historische Konferenz“

Am Wochenende fand in Straßburg die erste Bürger*innenversammlung im Rahmen der EU-Zukunftskonferenz statt. Von Jürgen Klute

Bürger*innenversammlung im Europäischen Parlament in Straßburg © Scholz

Am letzten Wochenende (17.-19. September) fand das erste von vier Bürgerforen im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas statt. Es sei eine „historische Konferenz“ betonte der Europaabgeordnete Guy Verhofstadt in seiner Begrüßungsrede. Der belgische Liberale und frühere belgische Ministerpräsident Verhofstadt ist einer der drei Ko-Vorsitzenden des Exekutivausschusses der Konferenz. Viele Bürger*innen, so Verhofstadt weiter, unterstützten zwar grundsätzlich die europäische Idee, „aber es gibt viel Kritik an der Umsetzung der Idee“.

Dieses erste von insgesamt vier Bürgerforen fand im Gebäude des Europäischen Parlaments in Straßburg statt. Coronagerecht hatten sich dort 200 nach einem repräsentativen Losverfahren ausgewählte Bürger*innen aus den 27 EU-Mitgliedsstaaten für drei Tage getroffen, um über die Zukunft Europas zu diskutieren. Ziel der Foren ist es, nicht für die Bürger*innen Politik zu machen, sondern mit ihnen gemeinsam Ideen zur Weiterentwicklung der EU zu erarbeiten. Am Ende sollen die Foren Vorschläge erarbeiten. Aus jedem der vier Foren werden dann zwanzig Personen am abschließenden Konferenz-Plenum teilnehmen und die Vorschläge dort zur weiteren politischen Bearbeitung einbringen.

An jedem der drei Konferenztage fand eine Plenarversammlung statt, die im Internet übertragen wurde. Am Freitag wurde zunächst der Ablauf des Bürgerforum erklärt. Am Samstag haben Expert*innen in die Themen eingeführt und am Sonntag wurden im Plenum die Ergebnisse vorgestellt und die 20 Botschafter*innen für das Konferenz-Plenum bestimmt.

Die eigentliche inhaltliche Arbeit erfolgte in mehreren Kleingruppen aus jeweils 12 bis 15 Personen. Die Arbeit in den Kleingruppen wurde nicht übertragen. Zum Einstieg haben sich die Bürger*innen in den Kleingruppen darüber ausgetauscht, wie sie sich Europa im Jahre 2050 vorstellen. Danach ging es dann um drei Themenblöcke: „Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Beschäftigung“; „Bildung, Kultur, Jugend und Sport“ sowie „digitaler Wandel“.

In der Plenarrunde am Samstag wurden zu diesen Themenblöcken Expertinnen von den beiden Moderator*innen interviewt. Die Experten haben kurz in die Thematik eingeführt dargelegt, inwieweit die EU zu den Themen tätig ist.

Zwar fallen derzeit nicht alle Themenaspekte in die (alleinige) Kompetenz der EU. Die Bürger*innen wurden jedoch aufgefordert, sich auch zu diesen Aspekten zu äußern. Denn sie haben die Möglichkeit, im Rahmen der Konferenz aus Vorschläge zur Ausweitung der EU-Kompetenzen zu machen.

Deutlich wurde schon in diesem ersten Forum, dass sich die Bürger*innen von der EU mehr soziale Gleichheit und mehr Bürgerrechte wünschen.

Nicht alles lief reibungslos beim ersten Bürgerforum. So beklagte eine Bürgerin aus Malta, dass es keine Übersetzung ins Maltesische gab. Und wer mit dem Flugzeug anreisen musste, hatte mitunter Schwierigkeiten, sich auf dem Frankfurter Flughafen zu orientieren und den Anschluss nach Straßburg zu finden. Insgesamt aber waren die Rückmeldungen der Teilnehmenden im Abschlussplenum sehr positiv. Und das Moderatorinnen-Team hat die Teilnehmenden kompetent und souverän durch das erste Bürgerforum geleitet.

Ein Artikel von Jürgen Klute

Jürgen Klute

Jürgen Klute ist Theologe und Europapolitiker. Von 2009 bis 2014 war er Mitglied des EU-Parlaments (Delegation DIE LINKE). Jürgen Klute betreibt die Internetseite europa.blog. Er publiziert insbesondere zu Themen wie linke Kräfte in Europa und zur Rechtsentwicklung in der EU. (Foto: © Uli Winkler)

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