UN-Klimakonferenz COP24 – Europa muss sich endlich trauen

Nach Auffassung der Klimaschutzorganisationen müssten wir bis 2030 eine Senkung der EU-weiten Treibhausgase von mindestens 55 bis 70 Prozent erreichen

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Das Pariser Klimaabkommen von 2015 war ein historischer Schritt zur Bewältigung des Klimawandels und rief große Hoffnungen hervor.

Nun sind die Unterzeichnerstaaten gefordert, im Rahmen dieses Abkommens ihre Anstrengungen beim Klimaschutz bis 2020 zu verstärken.
Der Klimagipfel COP24, der vom 2. bis zum 14. Dezember 2018 im polnischen Katowice stattfindet, wird hoffentlich robuste und faire Regeln zur Umsetzung der Klimaschutzpläne festlegen. Ob der Klimagipfel ein Erfolg wird, hängt also davon ab, ob sich die Unterzeichnerstaaten öffentlich verpflichten werden, zu Hause ihre Klimaschutzanstrengungen zu verstärken und ihre nationalen Beiträge zum Pariser Klimaabkommen zu erhöhen, indem sie die Transformation der verschiedenen wirtschaftlichen Sektoren angehen.

Der Bericht des Weltklimarates (IPCC) vom Oktober 2018 hat ganz klar gezeigt, dass selbst eine globale Erwärmung von nur einem halben Grad Celsius für eklatante Veränderungen der Lebensbedingungen auf unserem Planeten sorgen wird. Eile ist also geboten. Und dieser Bericht zeigt auch, dass es wirtschaftlich und technisch möglich ist, innerhalb der 1,5-Grad-Grenze des Pariser Klimaabkommens zu bleiben. Aber dazu bedarf es des politischen Willens der Unterzeichnerstaaten, ihre Klimaschutzpläne mit den jüngsten Ergebnissen der internationalen Klimafolgenforschung in Einklang zu bringen. Die Verpflichtungen zur Senkung der Treibhausgase, die die Unterzeichnerstaaten bis jetzt eingereicht haben, würden zu einer globalen Erwärmung von drei bis vier Grad führen – und damit wäre das Ziel von Paris ganz klar verfehlt.
Ein besonders wichtiges Instrument zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens sind die nachhaltige und transparente Finanzierung – sowohl von privater als auch von öffentlicher Seite. Die Unterzeichnerstaaten müssen sich erneut gemeinsam verpflichten, bis 2020 jährlich insgesamt 100 Milliarden US-Dollar für den Klimaschutz aufzuwenden. Dazu braucht es auch eine Vereinbarung, wie überprüft und verglichen werden kann, ob die ausgegebenen Gelder tatsächlich dem Klimaschutz zugutekommen.
Für Länder, die bereits besonders stark vom Klimawandel betroffen sind, muss nun fünf Jahre nach der Vereinbarung von COP19 in Katowice endlich bewertet werden, welche finanziellen Mittel im Rahmen des Mechanismus‘ „Loss and Damage“ vonnöten sind, um diesen Unterzeichnerstaaten finanziell unter die Arme zu greifen.

Beim Abschluss des Pariser Klimaabkommens hat sich die EU verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 Prozent (verglichen mit 1990) zu senken, und bis 2050 sogar um 80 bis 95 Prozent. Das 40-Prozent-Ziel wird wohl in der Theorie erreicht werden, wenn die Mitgliedstaaten die geplanten EU-Ziele für die erneuerbaren Energien (32 Prozent im Endenergieverbrauch bis 2030) und Energieeffizienz (Steigerung um 32 Prozent bis 2030) tatsächlich umsetzen. Sieht man sich jedoch den vergangenen „Reduktionspfad“ der Treibhausgase in der Realität an, den die Mitgliedstaaten bisher beschritten haben, so werden wir EU-weit das Ziel von 40 Prozent Treibhausgas-Reduktion verfehlen. Und das sogar, obwohl dieses Ziel nach Auffassung vieler Klimaschutzorganisationen bereits viel zu niedrig angesetzt ist, und überhaupt nicht ausreicht, um innerhalb des Zwei-Grad-Ziels von Paris zu bleiben. Nach Auffassung der Klimaschutzorganisationen müssten wir bis 2030 eine Senkung der EU-weiten Treibhausgase von mindestens 55 bis 70 Prozent erreichen.

Am 28. November 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission ihre EU-Strategie zur Verringerung der Treibhausgasemissionen – aber eine Heraufsetzung der europäischen Energie- und Klimaschutzziele ist dort leider überhaupt nicht vorgesehen. Wir brauchen jedoch sowohl ambitionierte Ziele als auch eine Umlenkung der Investitionen, die mit europäischen Geldern erfolgen: Sowohl der Juncker-Fonds (bzw. EUInvest) als auch die Kredite der Europäischen Investitionsbank müssen sich auf die Förderung von erneuerbaren Energien, des öffentlichen Personennahverkehrs und des Güterverkehrs auf der Schiene konzentrieren. In der EU insgesamt stammten 2016 nur 17% der Energie aus erneuerbaren Quellen – dies zeigt, wie viel noch zu tun ist. Es müssen dringend mehr Gelder für die Sanierung von schlecht isolierten Gebäuden in die Hand genommen werden, denn ca. 36 Prozent aller Emissionen in der EU stammen aus dem Gebäudesektor. Und die Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland und Polen, die über 50 Prozent der installierten Kohlekraftwerkskapazität in der EU haben, müssen sich rasch zu einem Kohleausstieg durchringen. Wir brauchen einen EU-weiten Kohleausstieg bis 2030. Dazu müssen wir auch in der europäischen Verordnung zum Strombinnenmarkt durchsetzen, dass Kohlekraftwerke für die sogenannten „Sicherheitsreserven“ im Strommarkt de facto ausgeschlossen werden. Die europäischen Kohäsions- und Strukturfonds dürfen nicht, wie von der Kommission vorgeschlagen, ab 2021 um zehn Prozent gekürzt werden – denn sie stellen unter anderem dringend notwendige Gelder für den Strukturwandel in den 41 betroffenen Kohleregionen der EU bereit. Die EU muss also ihre Hausaufgaben machen, um ihre Zusagen aus dem Pariser Klimaabkommen einzuhalten.

Ein Artikel von Cornelia Ernst

Cornelia Ernst

Dr. Cornelia Ernst ist Europaabgeordnete in der Linksfraktion THE LEFT und im Europäischen Parlament unter anderem Mitglied im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE). Im September 2019 wurde sie zudem zur Präsidentin der Iran-Delegation des Europaparlaments gewählt.

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