Nordirland: Jubiläum mit Terrorgefahr
25 Jahre nach Karfreitagsabkommen könnten alte Konflikt um Nordirland wieder auflodern. Ein Kommentar von Uwe Sattler
Die Hoffnungen vor 25 Jahren waren groß: Mit dem am Karfreitag 1998 geschlossenen Abkommen beendeten die Londoner und Dubliner Regierungen sowie die nordirischen Parteien den Bürgerkrieg in der zum Vereinigten Königreich gehörenden Region. Über 30 Jahre hatten sich pro-britische Unionisten und die für eine Vereinigung mit Irland kämpfenden Republikaner blutige Auseinandersetzungen geliefert. Weit über 3000 Menschen fielen den Scharmützeln und Terrorakten zum Opfer; Zehntausende wurden bei den allein mehr als 16 000 Bombenanschlägen verletzt. Zu den Feiern zum Jahrestag der Unterzeichnung des Good Friday Agreement hat sich auch US-Präsident Joe Biden in der nordirischen Hauptstadt Belfast angesagt. Die USA hatten seinerzeit zwischen den Konfliktparteien vermittelt. Unterzeichnet wurde das Abkommen am 10. April 1998.
Tatsächlich folgten dem Abkommen zwei Jahrzehnte der Entspannung – und der Verflechtung der beiden Teile der irischen Insel. Die vormals 277 Grenzübergänge zwischen Irland und dem Norden wurden geöffnet, Tausende Menschen überqueren täglich die Grenze, die Handelsströme sind gewachsen. Wenn auch stockend, kamen die Aufarbeitung schwerer Gewalttaten und die Auflösung paramilitärischer Gruppierungen in Gang.
Die Ruhe ist jedoch trügerisch. Der Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU hat alte Konflikte bedrohlich angefacht: Mit dem Brexit entstand faktisch eine neue Grenze auf der irischen Insel – zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem Nicht-mehr-Mitglied Großbritannien. Um neue Mauern zu verhindern, sollten mit dem sogenannten Nordirland-Protokoll Grenz- und Zollkontrollen in die See zwischen Nordirland und Großbritannien verlegt werden – was sich jedoch als Hindernis für Verkehr und Handel erwies.
Mit dem „Windsor-Framework“ wollten EU und London Ende Februar Erleichterungen durchsetzen – was mit der Abstimmung im britischen Unterhaus gegen den Widerstand der Gruppe um Ex-Premier Boris Johnson auch amtlich wurde. Ob die Vereinbarung auch trägt, bleibt trotzdem fraglich. Denn in Nordirland selbst lehnt die größte unionistische und erzkonservative Partei Democratic Unionist Party (DUP) das Protokoll trotz der Nachbesserungen weiterhin ab und blockiert eine Regierungsbildung. Der Hintergrund: Die linksgerichtete Partei Sinn Féin gewann im Mai 2022 die Wahlen und hätte das Recht, mit Wahlsiegerin Michelle O’Neill die Regierungschefin zu stellen.
Inzwischen hat der britische Geheimdienst MI5 eine Terrorwarnung für Nordirland veröffentlicht. Ein Anschlag im Zusammenhang mit dem Jahrestag des Karfreitagsabkommens sei »sehr wahrscheinlich«. Keine guten Aussichten zum Jubiläum.
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