Konferenz zur Zukunft Europas: Immer noch kein Start in Sicht!
Die Art und Weise, wie die von Kommissionspräsidentin von der Leyen zu einem Schwerpunkt der Arbeit ihrer Kommission erklärte Konferenz verschleppt wird, ist alarmierend, meint Helmut Scholz
Helmut Scholz, verfassungspolitischer Sprecher der LINKEN im Europäischen Parlament, ist empört: „Die Verständigung von Rat, Parlament und Kommission auf eine gemeinsame Erklärung zur Eröffnung der Konferenz und damit auf einen gemeinsamen Weg ihrer praktischen Durchführung steht eineinhalb Jahre nach den Europawahlen noch immer aus. Auch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft liefert entgegen großen Ankündigungen – nichts.“
Scholz weiter: „Die Art und Weise, wie die von Kommissionspräsidentin von der Leyen zu einem Schwerpunkt der Arbeit ihrer Kommission erklärte Konferenz verschleppt wird, ist alarmierend und höchst problematisch: Die drei Spitzen der EU-Institutionen verhandeln hinter verschlossenen Türen über eine gemeinsame Erklärung, wie die Konferenz gestaltet werden soll. Weil man sich nicht auf den Vorsitz der Konferenz einigen kann und machtpolitische Spielchen treibt, stagniert alles. Das kann nicht Anspruch an eine Forum sein, das u.a. genau auch diese Defizite der Arbeitsweise der EU, Entscheidungsfindungen und Kompetenzen der Mehrebenen-Struktur der EU hinterfragen, frischen Wind aus der Zivilgesellschaft und aus allen EU-Mitgliedstaaten in die Debatte über die Zukunft der EU bringen soll. Wird hier nicht schnellstens eine Kursänderung vorgenommen und ein mutiger Schritt von Parlament und Rat getan, drohen alle jene Kräfte Recht zu behalten, die die demokratische Weiterentwicklung der EU ablehnen, die das Rosinenpicken aus dem Binnenmarkt fortsetzen wollen und eine solidarische und gemeinschaftliche Fortentwicklung und Ausgestaltung der Europäischen Integration ablehnen.
Genauso schlimm an der gegenwärtigen Geheimdiplomatie ist, dass das Anliegen der Konferenz konterkariert wird, dass den Bürger*innen und in der EU lebenden Menschen in keiner Weise von vornherein die Möglichkeit gegeben wird, einen Beitrag zu leisten oder gar mitzugestalten. Auch wir MdEP der ehemaligen Arbeitsgruppe des Parlaments zur Vorbereitung der Konferenz haben nach wie vor keine offiziellen Informationen zum Verhandlungsstand. Dies widerspricht sowohl Artikel 1 des Vertrags über die Europäische Union, in dem es heißt, dass ‚Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden‘ als auch Artikel 15 (1) des Vertrags über die Funktionsweise der Europäischen Union, der besagt: ‚Um eine verantwortungsvolle Verwaltung zu fördern und die Beteiligung der Zivilgesellschaft sicherzustellen, handeln die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter weitestgehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit‘.“
Scholz abschließend: „Ursprünglich sollte die Konferenz bereits am 9. Mai beginnen, dem 70. Jahrestag der Schuman-Erklärung und Europatag. Offensichtlich tut sich ein Teil der Mitgliedsstaaten schwer, den Menschen in Europa reales Mitspracherecht bei der Gestaltung der Zukunft Europas einzuräumen: Der gerade angesichts der Covid-19 Herausforderungen an funktionierende Demokratie, an Transparenz und Weitsicht und deshalb so notwendige Dialog und die Einführung demokratischer Mitwirkungsmechanismen auf EU-Ebene scheint nicht bei allen Staats- und Regierungsoberhäuptern auf Resonanz zu stoßen. Er ist aber unverzichtbar, sollen unsere Werte an solidarischem Miteinander, an demokratischem Zusammenleben und gemeinsam zu bestimmenden Perspektiven nicht dauerhaft beschädigt werden.“
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