Keine Waldzersörung in unsere Einkaufswagen!
Produkte, für die Wald zerstört wurde, sollen nicht mehr auf den EU-Markt. Die EU-Abgeordnete Delara Burkhardt (S&D) sieht die Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten nur als ersten Schritt
Am 19. April 2023 hat das Europäische Parlament die Verordnung gegen EU-getriebene Entwaldung angenommen.
»Wälder sind unsere natürlichen Helfer im Kampf gegen den Klimawandel«, diesen Satz habe ich in den letzten Jahren bestimmt über hundert Mal gehört und auch immer wieder selbst in meinen Reden gesagt. Es ist ein scheinbar banaler Satz. Doch obwohl wir alle wissen, wie wichtig die Wälder dieser Welt für unser Überleben sind, verschwinden riesige Waldflächen. Täglich. Zwischen 1990 bis 2020 wurden weltweit schätzungsweise 420 Millionen Hektar Wald abgeholzt. Das entspricht einer Fläche, die größer ist als die EU.
Entwaldung und Waldschädigung sind Hauptursachen der beiden bedeutendsten Herausforderungen unserer Zeit – des Klimawandels und des Verlusts biologischer Vielfalt. Verantwortung hierfür trägt unter anderem ein unregulierter europäischer Markt. Die EU ist einer der größten Verbraucher von Rohstoffen wie Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk sowie daraus hergestellter Erzeugnisse. Sie stammen oft von außerhalb der EU, wo riesige Waldflächen in Ackerland und Viehweiden umgewandelt werden. Ihre Einfuhr in die EU ist in den meisten Fällen trotzdem völlig legal.
Realität ist, dass es bisher gängige Praxis war, mit der Zerstörung von Wäldern Profit zu machen. Die Schokolade bei uns im Supermarkt, der Kaffee am Bahnhof, die Ledersitze im Auto oder das Rindersteak auf dem Sommerfest – die meisten von uns wissen gar nicht, in wie vielen unser täglichen Konsumgüter Entwaldung steckt. Und viele Unternehmen haben auch kein Interesse daran, besser über ihre Lieferketten aufzuklären. Mit einem wahren Dschungel an Labels und Zertifikaten versuchen sie, Produkte »grüner« aussehen zu lassen als sie sind, die Konsument*innen haben ein besseres Gewissen – aber am Ende doch die Abholzung im Einkaufswagen.
Wir geben dem Markt nun endlich neue Regeln. Das Ziel der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten klingt simpel: Es dürfen nur Produkte auf den europäischen Markt gelangen, die nicht mit Entwaldung oder Waldzerstörung in Verbindung gebracht werden können. Mit anderen Worten: Wenn ein Unternehmen keine ausreichenden Nachweise erbringen kann, dass das Holz, Soja, Palmöl oder andere Rohstoffe nachhaltig erwirtschaftet wurden, wird es vom europäischen Markt ausgeschlossen. Wir haben dabei wahrscheinlich meistens Bilder aus dem Amazonas, dem Kongo-Becken oder Indonesien vor Augen. Dieselben Regeln gelten aber auch für Rohstoffe, die in der EU angebaut werden, wenn also zum Beispiel große Waldflächen in Skandinavien für europäisches Bauholz, Heizpellets oder ähnliches kahlgeschlagen werden.
Wir machen deutlich, dass Unternehmertum und Verantwortung – nicht nur gegenüber Shareholdern, sondern vor allem auch gegenüber unseren natürlichen Lebensgrundlagen und der Gesellschaft – zwei Seiten derselben Medaille sind.
Diese Verordnung wird aber nicht nur die Wälder dieser Welt besser schützen, sondern auch die Menschen und Gemeinschaften, die von, mit und in diesen Wäldern leben. Nicht selten werden sie aus Gebieten vertrieben, in denen sie seit Generationen im Einklang mit der Natur leben. Oft gewaltsam. Unternehmen, die in der EU mit Agrarrohstoffen Geschäfte machen wollen, müssen künftig sicherstellen, dass es keine Landbesitzkonflikte, insbesondere mit indigenen Gemeinschaften, gegeben hat. So stärken wir indigene Gemeinschaften in ihrem Kampf als Hüter der Wälder.
Ist damit also alles gut? Nein. Ein erster, wichtiger, großer Schritt ist getan. Aber mehr muss folgen. In den nächsten Jahren wird die Europäische Kommission überprüfen, ob die Verordnung auf andere Rohstoffe und Ökosysteme ausgeweitet werden soll. Auch wird sie analysieren, ob auch Banken als Investoren von Agrarunternehmen, die an Entwaldungsaktiviäten beteiligt sind, ihre Investitionen besser überprüfen müssen. Zivilgesellschaft und Politik müssen also weiter den Druck aufrechterhalten, damit es nicht nur bei Analysen bleibt, sondern daraus konkrete Gesetze zum Schutz der Natur und der Menschen folgen. Der Kampf geht weiter!
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