Iran und die EU – Spagat zwischen Vernunft und Transatlantismus

Der Ausstieg der USA aus dem Iran-Abkommen ist zur fundamentalen Belastung der Beziehungen zur EU geworden. Iran selbst steht zwischen Restauration und Modernisierung. Ein Abriss

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Die transatlantischen Beziehungen nicht vergällen, aber dennoch das Abkommen mit Itran halten – das ist der Spagat, in welchem sich die europäische Außenpolitik befindet.

„Die Iranerinnen und Iraner werden in die Dunkelheit, in der sie unser Blick über Jahrzehnte gehalten hat, nie wieder zurückkehren.“ Mit diesem Satz schließt Charlotte Wiedemann ihr Buch „Der neue Iran“ –  und ich kann ihr nur zustimmen.

Seit Jahren arbeite ich als Vizepräsidentin der Iran-Delegation im Europaparlament, treffe Vertreter*innen der iranischen Opposition, des Majlis wie der Regierung. Dabei habe ich vor allem eines gelernt: Der Iran lässt sich mit eindimensionaler Weltsicht nicht begreifen. Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick erscheint. Oberfläche und Tiefe müssen nicht zusammengehören. Das hat mit der widersprüchlichen Geschichte dieses Landes zu tun, aber auch mit der Art und Weise, Konflikte zu verarbeiten. Die Geschichte der kolonialen Einflussnahme ist viele Jahrhunderte alt. Erst Portugiesen, später Briten, Russen, heute besonders die US-Amerikaner, sie alle betrachteten bzw. betrachten den Mittleren und Nahen Osten als ihre Claims, die es zu verteidigen gilt, als strategischen Puffer, als Rohstoffproduzenten, als Stellvertretung welcher Konflikte und Kriege auch immer. Später ging es um die Verhinderung der regionalen Vormachtstellung der einen oder der anderen Macht, um die Interessen ganz anderer Länder, dahinter standen aber immer die Machtinteressen der Großen dieser Welt. Nie, wirklich nie ging es um die Menschen, die dort leben.

Den Nahen und Mittleren Osten muss man als zusammenhängenden Organismus begreifen. Was in einem Land geschieht, hat Auswirkungen in den gesamten Raum hinein. Das Jahr 1953, als Mossadeghs Versuch, die westlichen Ölgesellschaften zu verstaatlichen, per Staatsstreich durch CIA mit verbündeten Geheimdiensten verhindert wurde, die Restauration des Schahs am Gängelband der USA, das hat sich in das Gedächtnis vieler Iraner eingebrannt, so wie die Erfahrung aus dem Krieg mit dem Irak, in dem sie sich hängen gelassen fühlten. Die große Enttäuschung durch den Westen, der iranische Interessen stets arrogant ignorierte, viele Jahrzehnte lang, hat wohl auch dazu beigetragen, dass die islamische Revolution 1979 als etwas Befreiendes empfunden wurde, was die Enkel und Urenkel der Gründergeneration nur noch schwer verstehen. Die islamische Revolution hat das Land gravierend verändert, ihr Siegeszug war gleichsam verbunden mit vielen Opfern. Ein Regime wurde installiert, das politisch ein Hybrid ist, einerseits eine theokratische Grundordnung und andererseits eine republikanische Dimension aufweist. Die Fäden hält bekanntlich der Supreme Leader, der Oberste religiöse Führer in den Händen, die höchste politische und religiöse Autorität, er kontrolliert Streitkräfte, Justiz, Geheimdienste und weitere Ministerien, das staatliche Fernsehen. Damit steht er klar über dem gewählten Präsidenten, über dem Parlament ohnehin, für das auch nicht jeder frei gewählt werden kann. Rohani hat daher als moderater Konservativer auf bestimmte Politikfelder kaum reale Machteinflüsse, im Übrigen auch auf nicht alle Bereiche der Wirtschaft, insbesondere die Rüstungsindustrie, die von Revolutionsgarden wesentlich bestimmt wird.

Diese Hybridität macht es schwierig zu ermessen, wieviel Spielräume für Veränderung im gegenwärtigen Iran z.Z. real vorhanden sind. Rohani selbst gehört ja ebenfalls zur politischen Klasse, aber mit dem Sinn für systemstabilisierende Veränderungen. Letzteres hat dazu beigetragen, dass 2015 der wohl wichtigste außenpolitische Erfolg der letzten 10-15 Jahre der internationalen Gemeinschaft zustande kam – der Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) – der Iran Nuclear Deal.

JCPOA – Lackmustest für den transatlantischen Dialog

Die Reduzierung der Gaszentrifugen um 2/3 erfolgte, 95% des angereicherten Material ist außer Land oder wurde vernichtet, die Internationale Atombehörde darf kontrollieren, Forschung darf nur begrenzt werden im nuklearen Bereich, der Schwerwasserreaktor Arak wurde umgebaut, damit waffenfähiges Plutonium nicht erzeugt werden kann. Das haben alle Seiten immer wieder bestätigt. Der Iran hält sich bis heute weitgehend an das Abkommen, so dass Sanktionen in diesem Zusammenhang seitens EU und UN abgebaut werden konnten. Es ging bei diesem Abkommen zweifellos darum, weiteres atomares Aufrüsten im Nahen und Mittleren Osten und die Aufstellung einer neuen Atommacht zu verhindern. Das ist auch regional wichtig, blickt man auf die dauergestressten Auseinandersetzungen, die sich aus dem brandgefährlichen Konflikt zwischen Israel und dem Iran ergeben. Darüber hinaus ging es aber immer auch um einen Neustart in den Beziehungen des Westens zum Iran und darum, den vorsichtigen Prozess der Öffnung des Landes nicht zu zerstören. Der Ausstieg der USA aus dem Abkommen, auf den despotischen Fingerzeig des US-Präsidenten hin, ist nicht nur einer der größten außenpolitischen Fehler der USA, sondern zur fundamentalen Belastung in den Beziehungen zur EU geworden. Die transatlantischen Beziehungen nicht vergällen, aber dennoch das Abkommen halten, das ist der Spagat, in welchem sich die europäische Außenpolitik befindet. Die erstbeste Gelegenheit ergreifen, um sich dem „großen Bruder“ wieder anzunähern, wie es die Dänen mit dem Verweis auf geheimdienstliche terroristische Aktivitäten der Iraner in ihrem Land fordern oder einen eigenen Weg gehen. Irgendetwas dazwischen bewegt sich momentan, indem beispielsweise Deutschland, Frankreich, Großbritannien eine Zweckgesellschaft abseits der internationalen Banken zur Umgehung der nun wieder erlassenen US-Sanktionen gegen den Iran etablieren (INSTEX).

Inwieweit dieser Weg ein europäischer werden und von Erfolg gekrönt sein kann, bleibt abzuwarten. Und er ist auch kompliziert, da die iranische Wirtschaft wenig transparent und auch nicht gerade frei von Korruption ist. Unabhängig davon werden die Entscheidungen politisch fallen.

Der Iran steht vor großen wirtschaftlichen Problemen

Die Hoffnung vieler Iranerinnen und Iraner richtete sich auf das JCPOA, um ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Die Annahme, dass dies durch den Wegfall der Sanktionen geschehen würde, ist aber zu kurz gegriffen. So schädlich die neuen US-Sanktionen zweifellos sind, der versperrte Zugang zu internationalen Banken Wirtschaftsbeziehungen erschwert, so sehr sind sie allein nicht das Übel aller Probleme. Die iranische Wirtschaft ist zu großen Teilen staatlich diktiert, die Produktion ist zu stark auf Gas und Erdöl konzentriert, religiöse und andere staatliche Einflüsse beeinträchtigen Wachstum und Ausrichtung. Fehlende Transparenz der Geldflüsse, das Nichtankommen wirtschaftlicher Erholungsprozesse bei den Menschen, hausgemachte Strukturprobleme haben Rezession und Inflation befördert. Hinzu kommt die Involvierung des Iran in regionale Kriege, wie im Irak, in Syrien und immer im Jemen, Kriege, die Millionen Gelder verschlingen, die zur Verbesserung der sozialen Lage im eigenen Land fehlen, eine Politik, die immer weniger Verständnis findet.

Soziale Proteste haben daher zugenommen, 2017, 2018. Es ging dabei um die Verschlechterung der Lebensbedingungen durch gestiegene Preise, Einschnitte bei Hilfsprogrammen und weitere Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten, besonders im ländlichen Raum. Eines der größten Probleme ist die hohe Rate an Drogensüchtigen. Mehr als 3 Millionen offizielle Drogenabhängige fristen ein elendes Leben, zugleich werden Drogendealer mit allen Mitteln bekämpft, bis hin zur Todesstrafe. Letzteres wurde glücklicherweise unter dem internationalen Druck abgemildert, aber gelöst ist nichts. Die Nähe zu Afghanistan, der Schmuggelweg für jede Menge Stoff, der durch das ganze Land bis nach Europa gelangt, aber auch die Frage, wie mit den Abhängigen menschenwürdig umgegangen werden kann, sollte unser Interesse an Zusammenarbeit mit dem Iran auf diesem Feld erhöhen.

Genauso problematisch ist aber auch die Jugendarbeitslosigkeit (zwischen 15 und 29 Jahren), sie liegt bei 24% und führt zu Unzufriedenheit. International bekannt wurden auch die Proteste der Lkw-Fahrer, welche monatelang nicht bezahlt wurden. Noch ist es nicht so, dass sich die sozialen Kämpfe der unteren und jüngeren Bevölkerungsschichten mit den freiheitlichen Kämpfen der mittleren Schichten verschränken und dadurch größere Durchsetzungskraft gewinnen.

Häufig hört man sagen, nur keine Revolution, aber Reformen. Fakt ist, dass die soziale Lage zu einem Pulverfass wird, wenn es nicht baldige Verbesserungen gibt. Rohanis Versprechen dafür haben bislang zu wenige Früchte getragen. Die Lage wird auch dadurch verschärft, dass der Iran riesige Umweltprobleme seit Jahren vor sich herschiebt. Das spürt man in Teheran, wo man zeitweilig kaum noch atmen kann, so schlimm sind die Abgase, zumal die Verkehrsführungen überaltert und überlastet sind. Noch größer sind die Wasserprobleme, die akute Wassernot, teils durch den Klimawandel bedingt, teils durch eine katastrophale Staudammpolitik verursacht. Die Rettung des bedeutenden Lake Urmia, dessen Versalzung im Zuge des Wasserrückgangs zugenommen hat, steht auf der Tagesordnung. Jahrelange Dürren, Flüsse, die verschwinden, Trinkwasser, das teurer wird – das schafft Unruhe. In Teheran, in Isfahan konnten wir sehen, dass Stadtbäume bewässert werden. Der die wundervolle Stadt Isfahan prägende Fluss Zayanderud, über welchem märchenhaft schöne Brücken errichtet wurden, ist ausgetrocknet. Eine Kultur wird bedroht durch das Austrocknen ganzer Regionen. Hier liegen die großen Herausforderungen für Staat und Gesellschaft. Daran wird sich ermessen, wie beweglich bzw. reformfähig die islamische Republik sein kann oder nicht und ob sie sich internationaler Hilfe öffnet.

Das große Dilemma: Menschenrechte

Die islamische Republik hat ihre Grundlagen auf einem geschlossenen Weltbild konstruiert. Um die Gesetzgebung nachvollziehen zu können, muss man sich mit dem islamischen Recht auseinandersetzen, mit der Grundidee der Scharia. Dabei handelt es sich nicht um einzelne Gesetze, sondern um ein umfassendes Rechtssystem des Islam, das die Handlungen und Beziehungen der Menschen beurteilt und regelt. Alles, was die Menschen tun oder lassen, hat daher einen direkten Bezug zu dem von Allah niedergelegten Gesetz wie auch zur islamischen Gesellschaft. Damit stellt die Scharia ein religiöses Regelwerk dar, ist zugleich moralischer Kodex und rechtliches Gesetzeswerk in einem, gleichermaßen im weltlichen wie religiösen Bereich. Ähnlich wie in Saudi-Arabien bildet die Scharia im Iran daher die einzige Quelle der Rechtsprechung und ist Grundlage zur Definition von Menschenrechten. Genau dadurch ist die Debatte um die Menschenrechte und ihre Universalität so schwierig, selbst wenn es um die Praxis der exzessiven Todesstrafen geht, die im Iran die weltweit höchste Rate aufweisen. Repräsentanten der islamischen Republik führen, darauf angesprochen, in der Regel eine Stellvertreterdebatte nach dem Prinzip, die USA und Saudi-Arabien hätten ja schließlich auch die Todesstrafe. Abgesehen davon, dass generell und überall die Todesstrafe durch nichts zu rechtfertigen ist, kommen hier die Defizite in den westlichen Demokratien als Argumentationshilfe gut zu passe. Insgesamt ist der vollmundig erklärte Menschenrechtsdialog nicht weit gekommen, zum einen weil das iranische Regime eine grundlegende Kritik an der Justiz nicht zulässt, allen Protesten in der internationalen Öffentlichkeit zum Trotz und zum anderen, weil dieser Dialog auch seitens der westlichen Staaten nicht sonderlich glaubwürdig geführt wird. Business is usual.

Der Iran ist und bleibt eine multiethnische und multireligiöse Gesellschaft, dort leben zahlreiche Turkvölker, wie Turkmenen und Aserbaidschaner, aber auch Kurden, Sunniten, Araber, Belutschen, Armenier, Zoroastrier und, wenn auch wenige Juden, Christen und Bahai. Während einzelne Religionen zumindest verfassungsrechtlich akzeptiert werden, gilt das etwa für die Bahai gar nicht. Diese Religion wird nicht mal als solche anerkannt. 79 hochrangige Bahai und 208 Derwish-Repräsentanten sitzen für Jahre im Gefängnis. Individuelle Rechte und Freiheiten werden als notwendiger Teil einer neuen iranischen Selbstbestimmung in der offiziellen Politik weitgehend ausgeblendet. Versammlungs-, Vereinigungs- und Redefreiheit als Grundrecht gibt es daher nicht, so wenig wie Medienfreiheit. Die Gleichheit von Menschen setzt die Akzeptanz von Pluralität voraus, dazu gehört auch das Leben mit dem Widerspruch, die Konkurrenz von Ideen.

Der theokratischen Logik im Iran folgt, dass es gewissermaßen nach einem „islamischen TÜV“ überall Restriktion gibt und geben muss, für Künstlerinnen und Künstler, deren Auftritte überwacht und ggf. einfach verboten werden, für das Veröffentlichen von unliebsamen, das heißt kritischen Nachrichten, so dass 150 Journalisten auf direktem Weg ins Gefängnis gelangten wie auch Umweltaktivistinnen und -aktivisten, die auf die Umweltprobleme aufmerksam machen, oder Anders- bzw. gar nicht Gläubige. Und so entstehen viele Widersprüche und die Menschen suchen nach Bewältigungsstrategien. Nicht wenige teilen ihr Leben in offiziell und inoffiziell auf, zwei unterschiedliche Welten, deren Vereinbarung manchmal ein Geheimnis ist.
Hinzu kommt noch etwas Anderes: Die sich entwickelnde Vielfalt im Iran, auch befördert durch die digitale Welt, die immer mehr Menschen für sich entdeckt haben, macht die Totalkontrolle nicht nur aufwendig, sondern immer weniger beherrschbar, Widersprüchlichkeit inklusive. Als die sozialen Proteste 2017/18 ausbrachen, erklärte die iranische Justiz die sozialen Medien für schuldig und forderten die Abschaltung von Facebook, Twitter und Telegram – ganz im Gegensatz zu Rohani, der sich strikt gegen eine solche Forderung aussprach und die Meinung vertrat, dass es ein Recht gäbe zu demonstrieren.
Gäbe es ein Ranking in punkto Widersprüchlichkeit, würde Platz Nummer 1 die Aufrechterhaltung der archaischen Geschlechterrollen einnehmen. Einerseits sind weit über die Hälfte der Studierenden an den Universitäten Frauen, hochgebildet, immer mehr Frauen bewerben sich auch für politische Ämter – und andererseits sind dieselben Frauen Verliererinnen in der 40-jährigen Geschichte der islamischen Republik, rechtlich und faktisch. Der Ruf nach Bewegung, nach Veränderungen, beschränkt sich nicht nur darauf, kein Kopftuch oder keinen Tschador tragen zu müssen, aber eben auch. Wenn dann eine Anwältin wie Nasrin Sotoudeh die Aktivistin Shaparak Shajarizadeh, die zu den Frauen gehört, die gegen das Tragen des Kopftuches auf der Straße öffentlich demonstriert haben, vor Gericht verteidigt, zeugt das von unglaublichem Mut. Nasrin Sotoudeh, von der EU 2012 gemeinsam mit dem Filmemacher Panahi mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet, ist nicht nur ein Symbol ungebrochenen Widerstandes im Iran, sondern strahlt weit über ihr Land hinaus.

Als wir 2013 in Teheran waren, durften wir sie und Panahi treffen. Eine kleine, zierliche Frau, energisch und mit der Hoffnung auf Änderungen. Nasrin Sotoudeh, eine von uns, ist jetzt wieder im Gefängnis, seit Juni 2018, ihr Mann auch. Es gab und gibt zahlreiche Proteste im Europaparlament und wir haben Resolutionen angenommen, uns an die iranische Führung gewandt. Bis heute ergebnislos.

Die Geschlechterproblematik widerspiegelt den Kampf um die Moderne. Als die paralympische Bogenschützin Zahra Nemati zu einem internationalen Sportwettbewerb fahren wollte, versuchte ihr Ehemann dies zu verhindern. Die entstandene öffentliche Diskussion darüber führte letztlich zur Verabschiedung eines neuen Passgesetzes im Mai 2017. Danach entscheiden nun die Behörden und nicht die Ehemäner über die Ausreise von Frauen zu Sportwettbewerben, akademischen und kulturellen Konferenzen und Festivals und natürlich auch, wenn es um die Pilgerfahrt nach Mekka geht oder um medizinische Behandlung im Ausland.

Aber weiter: Der Iran schickt eine Elf zur Frauenfußballweltmeisterschaft, auf die alle stolz sind, aber Frauen durften im Iran seit 1981 nicht mehr in Sportstadien. Als nach 37 Jahren schließlich erstmals wieder zumindest einige Frauen ein Länderspiel der iranischen Nationalmannschaft im Stadion verfolgen durften, wurden sie vorher sorgfältig ausgewählt und mussten fernab der Männer sitzen. Die dennoch ungebrochene Begeisterung der Frauen im Stadion beantwortete postwendend der iranische Generalstaatsanwalt mit der Ankündigung, dass dies ein Fall für die Justiz sei. Ein absurdes Spiel, das auf Dauer nicht gewinnbar ist.

Man kann die Gedanken, Träume und Wünsche der Menschen weder wegsperren noch auslöschen. Der natürliche Wunsch, freie zu entscheiden, als Frau nicht missachtet zu werden, als Homosexueller sich bekennen zu dürfen, soziale Rechte zu haben, um eine Leben in Würde führen zu können, gehört zu den ältesten Wünschen der Menschheit.

Insbesondere die junge Generation, die in Teheran genauso aussieht wie in Berlin oder Paris, die vielen jungen selbstbewussten Frauen, die vermutlich auch ein und dieselben Träume hegen, wie hier in Europa, suchen ihren eigenen Weg. Diese Menschen, vor denen sich manchmal die iranische Führung fürchtet, sind das höchste Kapital dieses Landes, die Kronjuwelen und sie sind die Hoffnung, einen Weg im Iran zu gehen, der neue Identitäten schafft. Und vielleicht hilft da die so reiche Geschichte dieses Landes, wie die des einzigartigen Isfahan, einem Schmelztiegel der Religionen und Kulturen, einem Ort, der deutlich macht, dass die Geschichte der Menschheit ohne Vielfalt nicht auszudenken wäre. Weil das Leben so ist.

Ein Artikel von Cornelia Ernst

Cornelia Ernst

Dr. Cornelia Ernst ist Europaabgeordnete in der Linksfraktion THE LEFT und im Europäischen Parlament unter anderem Mitglied im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE). Im September 2019 wurde sie zudem zur Präsidentin der Iran-Delegation des Europaparlaments gewählt.

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