Missbrauchtes Gedenken

Auch in diesem Jahr wird der Europäische Gedenktag an  die Opfer von totalitären Diktaturen für die Gleichsetzung von Kommunismus und Faschismus missbraucht, kommentiert Karlen Versper

© Pixabay

Zum europäischen Tag des Gedenkens an die Opfer totalitärer und autoritärer Regime hat die EU-Kommission schwere Vorwürfe  gegen Russlands Staatschef Wladimir Putin erhoben. Putin habe Krieg, Verfolgung und illegale Besetzung auf den Kontinent zurückgebracht, schrieben Vizepräsidentin Vera Jourova und  Justizkommissar Didier Reynders zu dem Gedenktag am 23. August.

Explizit wurde der Europäische Gedenktag an die Opfer von totalitären
Diktaturen in Europa auf den 23. August gelegt. Der von den baltischen
Staaten und Polen initiierte Antrag zu einem solchen ist 2009 vom EU-
Parlament angenommen worden. Die Intention ist klar: Gleichsetzung
von Faschismus und Kommunismus. An jenem Tag 1939 wurde der so-
genannte Hitler-Stalin-Pakt unterzeichnet. Der kein Ausfluss irgendeiner
Kumpanei zweier Diktatoren war, sondern fataler westlicher Appease-
ment-Politik gegenüber den braunen Machthabern in Berlin entsprang.

Der Nichtangriffsvertrag zwischen Deutschland und der UdSSR sollte
sowjetischen Sicherheitsinteressen genügen. Er enthielt indes noch ein
geheimes Zusatzprotokoll, das einem Staat, der sich als sozialistisch ge-
rierte, proletarischem, antiimperialistischem und antikolonialem Inter-
nationalismus verpflichtet, nicht zu Ehren gereichte – und Ostpolen und
das Baltikum (vorerst) der Sowjetunion zusprach. Folgende Verbrechen
wie das Massaker von Katyń an polnischen Offizieren auf Stalins Geheiß
waren dadurch nicht zu rechtfertigen. Wie auch heute nichts einen Krieg
legitimiert. Auch nicht die »Verteidigung westlicher Werte«.

Ein Artikel von Karlen Vesper

Karlen Vesper

Karlen Vesper, Jahrgang 1959, studierte an der Humboldt-Universität zu Berlin Geschichte. Sie ist Redakteurin der überregionalen Tageszeitung “neues deutschland” und Autorin mehrerer Bücher.

Sie wollen Kontakt zu uns aufnehmen?

die-zukunft.eu freut sich auf Ihre/auf Eure Vorschläge für Beiträge zur Debatte über ein anderes Europa. Bitte geben Sie Ihren Namen, die Organisation sowie eine Kontaktadresse an.