„Die Zersplitterung der europäischen Linken ist ein Fehler“

Berliner Bezirksverbände und Mitglieder der LINKEN reichen vor Hintergrund der Spaltung der Europalinken Antrag an Parteitag ein

© European Left

Vor dem Hintergrund der Spaltung der Linken in Europa in zwei Parteienbündnisse haben die Berliner Bezirksverbände Tempelhof-Schöneberg,  Steglitz-Zehlendorf, Lichtenberg und weitere Vereinigungen sowie eine Reihe von Mitgliedern der LINKEN in dieser Woche einen Antrag an den Bundesparteitag in Halle im Oktober einegebracht. Darin werden drei zentrale Formulierungen vorgeschlagen:

1. Die Linke erneuert ihr Bekenntnis zurPartei der Europäischen Linken und handelt entsprechend:
2. Die Linke und ihre Europaabgeordneten bleiben für die Legislaturperiode des Europäischen Parlamentsvon 2024 bis 2029 Teil der Partei der Europäischen Linken.
3. Über die Mitgliedschaft der Partei Die Linke in der Partei der Europäischen Linken wird, wenn jene nicht mehr in der Satzung verankert ist, nach der nächsten Europawahl  auf dem Bundesparteitag entschieden.

„Am 28. August 2024 erfolgte die Gründung einer neuen europäischen Partei („European Left Alliance for the People and the Planet“), der sieben Organisationen beigetreten sind: La France Insoumise (Frankreich), Razem (Polen), Enhedslisten (Dänemark), Vänsterpartiet (Schweden), Bloco de Esquerda (Portugal), Vasemmistoliitto (Finnland) und Podemos (Spanien)“, heißt es in der Begründung. „Wir halten die Zersplitterung der europäischen Linken in einer Zeit des Aufstiegs der extremen Rechten für einen Fehler. Der Weg nach vorne sollte dem klar entgegentreten: linke, sozialistische und kommunistische Organisationen weiterhin mit dem gem insamen Anspruch für ein pazifistisches, arbeiterklassen-orientiertes, ökologisches und internationalistisches Projekt zu organisieren.“

Neben anderen Aspekten wird in dem Antrag auch die Friedensfrage aufgegriffen: „Wir vertreten die Auffassung, dass die neu gegründete europäische Organisation nicht die antimilitaristischen und pazifistischen Positionen der Partei Die Linke vertritt und in Teilen den Grundsätzen unseres Programms widerspricht. Außerdem spaltet sie die Linke in einem
kritischen Moment der europäischen Geschichte, indem sie Brücken abbricht, anstatt zu versuchen, die Differenzen in gemeinsamen Arbeitsräumen zu lösen. Aus all diesen Gründen glauben wir, dass Die Linke mit ihren mehr als 30 Verbündeten in der Partei der Europäischen Linken bleiben muss.“

In einem Beschluss des Parteivorstands vom 9. Juli wird zwar die Notwendigkeit einer starken Linken in Europa betont, »um die Interessen der Beschäftigten, der Jungen und Alten zu vertreten«. Zugleich wurde allerdings bereits zu diesem Zeitpunkt bedauert, dass »viele wichtige linke Parteien nicht mehr Mitglied« der EL seien. Als »oberstes Ziel« wurde in dem Papier eine »europäische linke Partei mit möglichst vielen starken linken Mitgliedsparteien, die sich austauscht über die riesigen Herausforderungen der Zeit und im besten Fall in der Lage ist, gemeinsam zu handeln« deklariert. Eine Arbeitsgruppe soll vor diesem Hintergrund Gespräche mit Parteien inner- und außerhalb »über die Zukunft einer vereinigten europäischen Linken« führen. Auf dem kommenden Bundesparteitag wolle man prüfen, den Bezug zur EL aus der Satzung zu streichen. Darin wird die EL-Mitgliedschaft bereits im Paragrafen 1 fixiert.

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Antrag P16: Mitgliedschaft in der Europäischen Linken
Laufende Nummer: 83

Antragsteller*in: BV Tempelhof-Schöneberg, BV Steglitz-Zehlendorf, BV
Lichtenberg und weitere
Sachgebiet: P – Partei
Der Parteitag möge beschließen:
1 Die Linke erneuert ihr Bekenntnis zurPartei der Europäischen Linken und handelt
2 entsprechend:
3 Die Linke und ihre Europaabgeordneten bleiben für die Legislaturperiode des
4 Europäischen Parlamentsvon 2024 bis 2029 Teil der Partei der Europäischen Linken.
5 Über die Mitgliedschaft der Partei Die Linke in der Partei der Europäischen Linken
6 wird, wenn jene nicht mehr in der Satzung verankert ist, nach der nächsten Europawahl
7 auf dem Bundesparteitag entschieden.
Begründung
Die Partei der Europäischen Linken ist ein Projekt, das 2004 gegründet wurde, um linke
(sozialistische und kommunistische) Parteien aus ganz Europa zusammenzubringen. Heute
gehören der Partei der Europäischen Linken mehr als 30 Parteien aus 23 europäischen Ländern
an, darunter Vollmitglieder und Beobachter.
Am 28. August 2024 erfolgte die Gründung einer neuen europäischen Partei („European Left
Alliance for the People and the Planet“), der sieben Organisationen beigetreten sind: La France
Insoumise (Frankreich), Razem (Polen), Enhedslisten (Dänemark), Vänsterpartiet (Schweden),
Bloco de Esquerda (Portugal), Vasemmistoliitto (Finnland) und Podemos (Spanien).[1]

Wir halten die Zersplitterung der europäischen Linken in einer Zeit des Aufstiegs der extremen Rechten für einen Fehler. Der Weg nach vorne sollte dem klar entgegentreten: linke, sozialistische und kommunistische Organisationen weiterhin mit dem gemeinsamenAnspruch für
ein pazifistisches, arbeiterklassen-orientiertes, ökologisches und internationalistisches Projekt zu organisieren.

Der Antrag des Parteivorstands (Antrag S09) soll die satzungsmäßige Verankerung der Mitgliedschaft der Partei Die Linke in der Partei der Europäischen Linken aufheben und in Zukunft die Mitgliedschaft in Europäischen Parteien durch Beschlüsse des Bundesparteitags
ermitteln. Zusätzlich zu der Aufforderung, gegen diesen Antrag zu stimmen, legen wir diesen Antrag vor, für den Fall, dass der Antrag S09 vom BPT angenommen wird. Die Linke muss in der Legislaturperiode 2024-2029 des Europäischen Parlaments in der Partei der Europäischen Linken bleiben. Wir müssen eine klare Botschaft vom Bundesparteitag an unsere Verbündeten
senden, dass Die Linke eine Partei bleibt, die dem bestehenden, großen Projekt der europäischen Linken verpflichtet ist und zu dessen Gründungsmitgliedern sie gehörte.

Darüber hinaus waren drei der sechs Vorsitzenden der Partei der Europäischen Linken Mitglieder der Linken (Lothar Bisky, Gregor Gysi, Heinz Bierbaum) und haben jahrelang zum Aufbau der Partei beigetragen. Auch heute ist Die Linke in ihren Führungsgremien unter dem Vorsitz von
Walter Baier (KPÖ) stark vertreten. Die Linke ist ein wesentlicher Teil der Geschichte und Gegenwart der Partei der Europäischen Linken.
Weiterhingibt es wesentliche, inhaltliche Gründe, die uns von dem neuen Projekt unterscheiden und die es für Die Linke unerlässlich machen, der Partei der Europäischen Linken anzugehören und das neue Projekt, das von einer Handvoll Organisationen gefördert wird, abzulehnen. Das
neue europäische Projekt vereint vor allem Parteien, die Waffenlieferungen an die Ukraine befürworten und auch Parteien mit unklaren Positionen zur NATO. Dies hat sich in letzter Zeit in Abstimmungen im Europäischen Parlament gezeigt, wie z. B. bei der Abstimmung über die Unterstützung (auch Militär und Rüstung) der Ukraine im Juli. [2] Darin enthielten sich zwei der drei Abgeordneten der Linken und eine Abgeordnete stimmte dagegen, während La France Insoumise (Frankreich), Enhedslisten (Dänemark), Vänsterpartiet (Schweden), Bloco de Esquerda
(Portugal) und Vasemmistoliitto (Finnland) dafür stimmten. [3] Vasemmistoliitto hat dazu keine eindeutige Position gegen die finnische NATO- Mitgliedschaft, [4] ebenso wie Podemos in Spanien bei der Abstimmung über die NATO- Erweiterung um Schweden und Finnland im
spanischen Parlament.[5]

Wir vertreten die Auffassung, dass die neu gegründete europäische Organisation nicht die antimilitaristischen und pazifistischen Positionen der Partei Die Linke vertritt und in Teilen den Grundsätzen unseres Programms widerspricht. Außerdem spaltet sie die Linke in einem kritischen Moment der europäischen Geschichte, indem sie Brücken abbricht, anstatt zu versuchen, die Differenzen in gemeinsamen Arbeitsräumen zu lösen. Aus all diesen Gründen glauben wir, dass Die Linke mit ihren mehr als 30 Verbündeten in der Partei der Europäischen Linken bleiben muss.
[1]https://www.politico.eu/newsletter/brussels-playbook/brat-summer-ends-in-sausage-fest/
[2]https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-10-2024-0003_DE.pdf
[3]https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/PV-10-2024-07-17-RCV_DE.pdf, pp. 48-49.
[4]https://links.org.au/we-could-not-provide-any-credible-alternatives-nato-interview-finnish-
left-alliances-henrik
[5]https://www.euractiv.de/section/innenpolitik/news/abstimmung-ueber-nato-erweiterung-
spaltet-spaniens-regierung/

weitere Antragstellende
Stanislav Jurk (Bezirksvorsitzender des Bezirksverbands Berlin Tempelhof-Schöneberg),
Jaime Martínez Porro (Bezirksvorsitzender des Bezirksverbands Berlin Steglitz-Zehlendorf),
Claudia Haydt (Vizepräsidentin der Europäischen Linken, Delegierte mit beratender Stimme),
Kommunistische Plattform,
Auch wir sind die Linke (Berlin Treptow-Köpenick),
Luis Sanz Jardón (Berlin Neukölln, Ersatzdelegierte)
Josephine Sahner (Berlin Neukölln, Delegierte)

Stand: 6.9.2024

Ein Artikel von Uwe Sattler

Uwe Sattler

Uwe Sattler ist Herausgeber von „die-zukunft.eu“ und inhaltlich für die Plattform verantwortlich. Nach zwölf Jahren in der Redaktionsleitung der Tageszeitung „nd.DerTag"/"nd.DieWoche" ist der Journalist Mitglied des Vorstands der nd.Genossenschaft eG.

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