europaLINKS: „Wir sind nicht gewappnet gegen die extreme Rechte“

Der Faschismus wird in westlichen Ländern lediglich als Übel der Vergangen­heit wahrgenommen, kommentiert der Autor der finnischen Linkszeitung »Kansan Uutiset«. Dabei ist er gerade im Aufschwung.

© Pixabay

Die linke Medienlandschaft in Europa ist nicht groß, aber es gibt sie. Manche Zeitungen erscheinen in gedruckter Form täglich, einige wöchentlich, andere monatlich. Online sind sie alle präsent – und nehmen, ob nun als Print- oder Digitalprodukt, Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskurs in ihren jeweiligen Ländern.

An dieser Stelle blicken wir in progresssive Medien Europas. Heute: „Wir sind nicht gewappnet gegen die extreme Rechte“. Dieser Text des Podcasters und Kolumnisten Veikka Lahtinen ist am 21. Mai in der Monatsausgabe der finnischen Linkszeitung »Kansan Uutiset« erschienen. Der mit KI-Programmen übersetzte Beitrag wurde nachbearbeitet und gekürzt.

 

Veikka Lahtinen

Im Geschichtsunterricht in der Schule hatte ich den Eindruck, dass es in den 30er und 40er Jahren nur einen Nazi-Staat in Europa gab. Aber der wurde zerstört, und danach war niemand mehr ein Nazi. Die liberale Demokratie hielt Einzug in Europa, die Europäische Union brachte einen neuen Trend zur Einheit hervor, alles war gut. Später erfuhr ich, dass es nicht einmal gelang, die Nazis aus der westdeutschen Regierung zu entfernen, und dass viele von ihnen ihre Karriere als Teil einer neuen liberalen Demokratie fortsetzten.

Leider lehren uns die letzten Jahrzehnte, dass die liberale Demokratie letztlich nicht in der Lage ist, auf den Aufstieg des Faschismus zu reagieren. In den USA ist ein rechtsextremer Protofaschist an der Macht und es sind sogar die ersten Transmenschen, die aus Finnland geflohen waren, von dort zurückgekehrt. Ungarn wird von einem prorussischen Autokraten regiert, Russland von einem prorussischen Faschisten, und in vielen anderen Ländern klopft die extreme Rechte an die Türen der Regierungspaläste.

Und was ist mit uns, mit Finnland? Uns wurde jahrzehntelang erzählt, dass wir im Zweiten Weltkrieg nur im Fahrwasser der Nazis trieben. In jenen Jahren lag die Macht allein bei einem kahlköpfigen alten Mann, der Ski fahren und Befehle erteilen konnte. Ab den 80er Jahren kam es zur Demokratisierung Finnlands, aber gleichzeitig wurden die wirtschaftlichen Bedingungen für einen neuen Aufstieg des Faschismus geschaffen: ein finanziell getriebenes Modell der Massenarbeitslosigkeit und des Wirtschaftswachstums. Das Wachstum kommt nur einigen wenigen zugute, aber die Lasten werden immer von den Armen getragen. Dasselbe passierte in ganz Europa und schuf den Nährboden für antidemokratische Bewegungen.

So wird Finnland 2025 von einem galanten Paar geführt: einem Ministerpräsidenten von der konservativen Sammlungspartei und seiner Stellvertreterin sowie Finanzministerin Riikka Purra von den rechtsextremen Wahren Finnen, die für ihre rassistischen Schriften berüchtigt ist. Und wenn Rassisten etwas Dummes sagen oder tun, hält Premier Petteri Orpo eine Pressekonferenz ab und betont, dass doch eigentlich nichts Schlimmes passiert sei.

Zumindest in Deutschland, sollte man meinen, würde das langjährige Projekt der Vergangenheitsbewältigung vor einem neuen Aufstieg der extremen Rechten schützen. Aber die faschistische AfD organisiert Abschiebekonferenzen mit Neonazis. Und im Fall Deutschlands muss noch ein anderes drängenderes Thema erwähnt werden: der Völkermord im Gazastreifen. Möglich wird dieser unter anderem durch Hunderte Millionen Euro an militärischer Unterstützung aus Deutschland.

Im Fall von Gaza haben Europa und die Vereinigten Staaten gezeigt, dass sie völlig unfähig sind, den Faschismus zu bekämpfen. Wenn eine Regierung Netanjahu, die aktiv einen Völkermord begeht und deren Minister den Terrorismus fantasievoll unterstützen, nicht faschistisch ist – wer ist es dann? Der Faschismus wird in westlichen Ländern lediglich als Übel der Vergangenheit wahrgenommen und nicht als Prozess, der gerade um uns herum stattfindet.

Es dürfte daher keine Überraschung sein, wenn auf dem europäischen Kontinent das nächste Mal ein autoritärer Führer mit einer Leidenschaft für Massenabschiebungen und Völkermorde auftaucht. Die einzige Möglichkeit, diese Entwicklung zu stoppen, besteht in einer sofortigen Kursänderung – hinsichtlich Gaza, der Austeritätspolitik und gegenüber der extremen Rechten.

Ein Artikel von Uwe Sattler

Uwe Sattler

Uwe Sattler ist Herausgeber von „die-zukunft.eu“ und inhaltlich für die Plattform verantwortlich. Nach zwölf Jahren in der Redaktionsleitung der Tageszeitung „nd.DerTag"/"nd.DieWoche" ist der Journalist Mitglied des Vorstands der nd.Genossenschaft eG.

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