europaLINKS: Ukraine – 1000 Tage Krieg

europaLINKS – die progressive europäische Presseschau

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Die linke Medienlandschaft in Europa ist nicht groß, aber es gibt sie. Manche Zeitungen erscheinen in gedruckter Form täglich, einige wöchentlich, andere monatlich. Online sind sie alle präsent – und nehmen, ob nun als Print- oder Digitalprodukt, Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskurs in ihren jeweiligen Ländern.

So unterschiedlich diese Medien sind, so ähnlich sind die Fragen und Pro­bleme, mit denen sie sich beschäftigen – und der linke Ansatz, aus dem heraus diese analysiert werden. Ob nun Wohnungskrise, Sozialabbau oder Kinderarmut, ob Kriege in Nahost oder Ost­europa, ob der Aufschwung von Rechtsextremen und Autokraten, ob Arbeitskämpfe oder Ignoranz gegenüber dem Klimawandel, ob patriarchale Strukturen oder der Zustand der Linken in Europa: die-zukunft.eu und die Zeitung „nd“ lassen einige der wichtigsten Ereignisse und Entwicklungen des Jahres 2024 Revue passieren – über Beiträge aus linken und linksorientierten Medien in Europa. Dabei war uns wichtig, nicht nur die gemeinsamen Positionen abzubilden, sondern auch einen Blick auf spezifische nationale Besonderheiten und Sichten zu werfen. HEUTE: Ukraine -1000 Tage Krieg – erschienen am 19. November 2024 in Kansan Uutiset (Finnland). Der Beitrag wurde mit KI-Programmen übersetzt, nachbearbeitet und gekürzt. Die Autorin Li Andersson war acht Jahre Vorsitzende des finnischen Linksbündnisses (Vasemmistoliitto). In der Regierung Sanna Marin war sie als Bildungsministerin tätig. 2024 wurde sie mit einem Rekordstimmenanteil ins EU-Parlament gewählt.

Li Andersson

Aus dem Fenster unseres Busses sind acht Teenager-Mädchen zu sehen, die mitten auf einer Straßenkreuzung einen Tanz für Tiktok filmen. Die Sonne scheint. Wir könnten in jeder anderen Großstadt sein und Teenagern dabei zusehen, wie sie das Gleiche tun. Aber das sind wir nicht. Wir sind in Kyjiw, Ukraine, im November 2024, und es gibt Luftalarm, der vor russischen Drohnenangriffen warnt.

Der von Russland begonnene Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert nun schon 1000 Tage. Am 24. Februar 2022 wachte ich frühmorgens mit der Nachricht über den Beginn der Invasion auf, gleichzeitig wurde ich über eine dringende Sitzung des Ministerkomitees für Außen- und Sicherheitspolitik der Marin-Regierung informiert. Schon zu diesem Zeitpunkt war mir klar, dass dieser Tag vieles verändern würde.

Die Entscheidung Wladimir Putins, einen groß angelegten Angriffskrieg gegen die Ukraine zu führen, wurde zu einem historischen Wendepunkt, obwohl der Krieg in der Ostukraine bereits seit acht Jahren andauerte. Helsinkis Haltung zur Nato-Mitgliedschaft änderte sich fast über Nacht. Finnland und Schweden beschlossen, der Nato beizutreten. Die EU-Länder begannen, ihre Verteidigungshaushalte zu erhöhen. Sicherheit stand ganz oben auf der politischen Tagesordnung in der EU.

Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg hat ein Land in Europa einen groß angelegten Angriff gegen einen anderen souveränen Staat durchgeführt. Direkt neben uns befindet sich ein Staat, dessen autoritärer Führer sich seiner eigenen Größe und Macht so sicher ist, dass er bereit ist, die grundlegendsten Regeln des Völkerrechts eklatant zu verletzen. Er ist sich auch der Rückendeckung durch andere Partner in großen Staaten so sicher, dass er bereit ist, den völligen Ausschluss Russlands von der westlichen Zusammenarbeit zu riskieren.

In Kyjiw wird das tägliche Leben immer gefährlicher

Der Nachtzug von Przemyśl in Polen nach Kyjiw ist überfüllt. Ukrainische Zivilisten bewegen sich derzeit über die Grenze hin und her. Viele kommen für ein paar Wochen mit ihren Kindern zu Besuch, um ihre Väter und Verwandten zu sehen. Kleine Kinder rennen im Zugkorridor herum, und die Frauen, die mit uns das Abteil teilen, spielen Handyspiele, während der Zug in Richtung des Hauptbahnhofs in Kyjiw-Pasaschyrskij braust. Ich war seit Beginn des Angriffskrieges nicht mehr in der Ukraine und weiß nicht genau, was mich erwartet. Unsere Mobiltelefone verfügen über Apps, die uns vor Luftangriffen warnen, und viele aus unserer Reisegruppe haben sich den lokalen Telegram-Kanälen angeschlossen, die genauere Informationen über die Bewegungen von russischen Drohnen in verschiedenen Gebieten liefern.

Doch wo auch immer wir hingehen, der Alltag geht weiter, trotz Krieg und Konflikt. Die Menschen gehen zur Arbeit, genießen die Sonne in den Parks, essen in Restaurants und verbringen Zeit mit Freunden. Sie wachen morgens auf und gehen abends ins Bett. Kinder spielen und Teenager chillen. In letzter Zeit wird Kyjiw jedoch fast jede Nacht von Luftalarm heimgesucht. Im Herbst hat Russland seine Drohnenangriffe auf die Stadt und die umliegenden Gebiete intensiviert. Das Luftverteidigungssystem der Stadt ist das beste des Landes, doch jede Nacht wird Telegram mit Berichten darüber überflutet, in welchem Teil der Stadt diesmal eine Drohne aus iranischer Produktion gesichtet wurde.

Vasemmistoliitto arbeitet seit einiger Zeit mit der ukrainischen linken Organisation Sotsialnyi Rukh zusammen. Wir sitzen im Kreis in einem großen Raum. Als ich mich umschaue, fällt mir die Vielfalt der Gruppe auf: Es sind junge Studenten und Gewerkschaftsaktivisten, zum Beispiel aus dem Bergbau, dem Sozial- und dem Gesundheitsbereich. Sie kommen aus der ganzen Ukraine, sie gehören verschiedenen Sprachgruppen an und ihre Lebensgeschichten sind sehr unterschiedlich – genau so sollten linke Bewegungen zusammenkommen.

Ihr Ziel ist es, sich irgendwann als Partei registrieren zu lassen. In letzter Zeit haben sie sich auf die Unterstützung von Geflüchteten und den Widerstand gegen die neoliberalen Reformen des Landes konzentriert, wie die Änderungen der Arbeitsmarktgesetze während des Krieges. Das Streikrecht und das Recht auf Tarifverhandlungen wurden durch das Kriegsrecht außer Kraft gesetzt.

Es ist zwar verständlich, dass das Arbeitsleben in Kriegszeiten nicht normal funktionieren kann, aber die Menschen haben berechtigte Bedenken, dass die Einschränkungen dauerhaft bleiben werden. Sie zeigen sich auch besorgt über die „Amerikanisierung“ des Landes, die mit der starken Rolle der Vereinigten Staaten im Krieg zusammenhängt, auch im Hinblick auf die Verstärkung bestimmter politischer Einstellungen und Ziele. Auch aus diesem Grund hoffen sie, dass die EU und Europa eine stärkere Rolle in der Ukraine spielen werden.

EU an der Seite der Ukraine

Für mich ist klar, dass die EU-Mitgliedschaft der Ukraine neben Sicherheitsgarantien ein zentraler Bestandteil der Nachkriegszukunft des Landes sein muss. Es ist klar, dass die EU-Mitgliedschaft der Ukraine große Veränderungen auf beiden Seiten erfordern wird. Der Haushalt und die Entscheidungsfindungsstrukturen der Union müssen reformiert werden – gleichzeitig wird es innerhalb der Ukraine erhebliche Veränderungen geben müssen, um die Korruption zu verringern und die Rolle der Zivilgesellschaft und der Rechtsstaatlichkeit zu stärken.

Wir müssen ehrlich sein und die vielfältigen Dimensionen der EU-Mitgliedschaft anerkennen. Die Regulierung des freien Binnenmarktes hat es oft schwierig gemacht, soziale Aspekte zu berücksichtigen und starke sozialstaatliche Strukturen in den Mitgliedstaaten aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig eröffnet sie aber auch die Möglichkeit, auf eine stärkere Regulierung des Umweltschutzes zu drängen und die Rechte der Arbeitnehmer und die Menschenrechte immer deutlicher zu fördern. Die europäische Linke muss bei diesem Projekt eine starke Rolle spielen, und wir müssen eng mit der ukrainischen Linken und der Gewerkschaftsbewegung zusammenarbeiten.

https://www.ku.fi/artikkeli/5086236-li-anderssonin-essee-ukrainan-sodan-tuhat-paivaa

Ein Artikel von Uwe Sattler

Uwe Sattler

Uwe Sattler ist Herausgeber von „die-zukunft.eu“ und inhaltlich für die Plattform verantwortlich. Nach zwölf Jahren in der Redaktionsleitung der Tageszeitung „nd.DerTag"/"nd.DieWoche" ist der Journalist Mitglied des Vorstands der nd.Genossenschaft eG.

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