europaLINKS: „Fall Sarkozy“ – der Aufruhr der Mächtigen und Superreichen
Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy ist rechtskräftig verurteilt. Das hindert die »Eliten« des Landes aber nicht, ihm den Rücken zu stärken, kommentiert die linke »L’Humanité« aus Paris

Die linke Medienlandschaft in Europa ist nicht groß, aber es gibt sie. Manche Zeitungen erscheinen in gedruckter Form täglich, einige wöchentlich, andere monatlich. Online sind sie alle präsent – und nehmen, ob nun als Print- oder Digitalprodukt, Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskurs in ihren jeweiligen Ländern.
An dieser Stelle blicken wir in progresssive Medien Europas. Heute: „Der Aufruhr der Mächtigen und der Superreichen“. Dieser Text ist am 21. Oktober in »L’Humanité« (Frankreich) erschienen. Der Beitrag wurde nachbearbeitet und gekürzt.
Maurice Ulrich
Fast niemandem dürfte entgangen sein, dass Ex-Präsident Nicolas Sarkozy am Dienstagmorgen auf dem Weg ins Gefängnis ein Exemplar von Alexandre Dumas‘ „Der Graf von Monte Christo“ in seinem bescheidenen Gepäck hatte. Die Botschaft war klar: Der zu unrecht Verurteilte trotzt dem Schicksal, kehrt schließlich in die Gesellschaft zurück, honoriert seine Unterstützer und rächt sich an seinen Widersachern.
In dieser Hinsicht wird Nicolas Sarkozy nicht allzu viele Sorgen haben. Die Unternehmen und Konzerne, mit denen er Geschäfte macht oder denen er sogar vorsteht, wie Lagardère und Accor, nehmen ihm seine Verurteilung oder seine diversen rechtlichen „Probleme“ nicht übel. An Freunden wie Vincent Bolloré (ein rechtskonservativer französischer Industrieller – d.R.) mangelt es ihm keineswegs. Und sein Unterstützerkreis geht weit über die mehreren hundert Demonstranten bei der erbärmlichen Kundgebung im 16. Arrondissement von Paris hinaus, die aus Anlass von Sarkozys Überführung ins Gefängnis stattfand. Und seit Wochen betonen rechte und rechtsextreme Kolumnisten, dass das Urteil gegen Sarkozy ein Justizskandal sei. Auch Justizminister Gérald Darmanin zögerte nicht, öffentlich zu erklären, dass er Sarkozy im Gefängnis besuchen werde. Und der derzeitige Präsident der Republik, Emanuel Macron, hielt es für angebracht, den früheren ersten Mann im Staat vor dessen Inhaftierung im Élysée-Palast zu empfangen. Er erklärte, es sei »menschlich normal«, einem Amtsvorgänger diese Ehre zu erweisen.
Offensichtlich gibt es für die Mächtigen und Milliardäre Menschen, die „menschlicher“ sind als andere. Denn auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die kein Mitspracherecht oder keine Unterstützung haben, selbst bei kleinen juristischen Verfehlungen. Es scheint so, als gäbe es zweierlei Gerechtigkeit.
Erinnern wir uns: Sarkozy ist, trotz Berufung, wegen krimineller Verschwörung zur Finanzierung seines Wahlkampfs zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das, was gerade geschieht, berührt die Grundfesten der Demokratie. Es ist ein Ausdruck, wie die Mächtigen und Superreichen das Recht ignorieren und verdrehen – was von den Medien der Milliardäre auch noch unterstützt wird. Was wir erleben, ist ein Verrat an der Demokratie.
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