Aus der Zeit gefallen
Weltmacht EU? Das ist ein Konzept von gestern, meint Uwe Sattler
Die EU will in den nächsten Jahren mehr Macht und Einfluss in der Welt erringen und sich auf die Stärkung von Sicherheit, Wachstum und Klimaschutz konzentrieren. Dies geht aus einem Entwurf der strategischen Agenda bis 2024 hervor. Die EU »muss selbstbewusster und mächtiger werden«, heißt es in der Vorlage für den EU-Gipfel in der nächsten Woche.
Brexit und Handelskonflikte mit Washington und Peking, Regierungen in osteuropäischen Mitgliedstaaten, die sich um gemeinsame Werte und Beschlüsse nicht scheren, ein Siegeszug von Nationalisten und Rechtspopulisten quer durch Europa: Die EU gibt heute eher ein Jammerbild als das einer starken Gemeinschaft mit weltweitem Einfluss ab.
Dies mit einer Strategie »EU 2024« zu ändern, ist das Vermächtnis des scheidenden EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker, der bereits vor fünf Jahren mit ebensolchem Anspruch angetreten war – und scheiterte. Denn Stärke entsteht weder aus Rüstungszusammenarbeit und Militäreinsätzen, wie im sogenannten PESCO-Programm vereinbart. Sie erwächst nicht aus einer »wehrhaften Festung«, in die EUropa mittels »sicheren Außengrenzen« verwandelt werden soll. Und ebenso wenig aus Sparprogrammen, mit denen wirtschaftlich schwache Länder auf Kurs gebracht werden sollen.
Eine »mächtige EU« kommt auch nicht aus einem Binnenmarktprogramm (das wievielte eigentlich?). Notwendig wäre statt dessen eine wirkliche soziale Union, die der europäischen Idee neue Lebenskraft einhaucht. Das grundsätzliche Dilemma wird aber auch damit nicht beseitigt: In einer Welt, in der es Kooperation, Fairness und Kompromissbereitschaft auf allen Seiten zur Lösung der gemeinsamen Herausforderungen braucht, wirken Kategorien wie Macht, weltweiter Einfluss und Interessendurchsetzung wie aus der Zeit gefallen.
Foto: iStock
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